Selbstfürsorge? Dafür hast Du in Deinem stressigen Alltag wirklich keine Zeit?! Nun, das ist eine schlechte Ausrede, da es um Dein alltägliches Verhalten und Deine innere Haltung geht. Es sei denn, Du möchtest weiterhin Deine Bedürfnisse missachten, Dich überfordern, unausgeglichen und unzufrieden sein. In diesem Beitrag erfährst Du, wie Du insbesondere in Übergangszeiten gut für Dich sorgen kannst, warum Nichtstun gut tut und wie auch mir mein Körper und das Leben immer wieder aufzeigen, wenn ich gerade nicht so gut für mich sorge.
Gefühlt ist der Frühling erst am Erwachen, doch befinden wir uns bereits in der Übergangsphase zum Sommer – und vor heiß ersehnten Lockerungen und Öffnungsschritten. Nach der zähen, „gelockdownten“ Zeit wünsche ich Dir, dass Du in diesen Wochen richtig gut für Dich sorgst, Dich ausrichtest auf was Dich nährt und Dich erdest, stabilisierst – bevor Du Dich wieder mehr dem Leben draußen öffnest!
Die Übergangszeit zwischen den Jahreszeiten, in der Traditionellen Chinesischen Medizin Dojo-Zeit genannt, empfiehlt sich besonders zur Selbstfürsorge: Kümmere Dich vorbeugend um Deine Gesundheit und ent-sorge alles, was Dir nicht gut tut. Dabei geht es nicht nur um Ausmisten von materiellem Ballast; das Loslassen beinhaltet Deinen gesamten Lebensstil, Deine Beziehungen, Denk- und Verhaltensmuster. Lese dazu auch meinen Blog: Detox your life.
In dieser Wandlungsphase Erde geht es um aufnehmen und annehmen, verdauen, wandeln bzw. integrieren auch geistiger Nahrung, von Sinneseindrücken und Erfahrungen. Magen und Milz sind die zugeordneten Organe. Mit einer gesunden Erde fühlst Du Dich in Deiner Mitte, angekommen, geborgen. Auch angesichts der Flut an Informationen, die von außen auf Dich hereinprasseln, verlierst Du nicht den Boden unter den Füßen. Du begegnest Dir und der Welt mit einem inneren Lächeln. Entspannt kannst Du Dich dem Leben hingeben und einfach anstrengungslos sein – musst nichts mehr verändern, optimieren. Klingt das nicht prima?
Ich habe lange gebraucht, um mich mit der Mitte anzufreunden – meine Assoziation war mittelmäßig und das bitte wollte ich definitiv nicht sein, noch in meinem Leben haben. Ich fühlte mich in meiner Welt der Extreme doch erst so richtig lebendig. Es gab nur schwarz oder weiß, gut oder schlecht – alles dazwischen war uninteressant. Das war eine aufregende und aufgeregte, anstrengende und auch sehr leidvolle Zeit.
Selbstfürsorge meint nicht nur regelmäßigen Urlaub oder 90-minütige Yogaeinheiten;-), sondern einen wohlwollenden Umgang mit Dir selbst und mehr Achtsamkeit im Alltag: Es geht um das Wie Deines Denken, Fühlens und Tuns sowie ums süße Nichtstun – fernab von Selbstoptimierung und der Anforderung, effizient im Hamsterrad zu funktionieren.
Beginne mit einem Ist-Situations-Check: Wie sieht Dein normaler Alltag aus? Wie selbstfürsorglich gehst Du mit Dir um?
– Wie beginnst Du Deinen Tag?
– Wie ernährst Du Dich? Trinkst Du ausreichend Wasser? Greifst Du zu Suchtmitteln?
– Wie ist Deine Haltung? Wie viel und welche körperliche Bewegung gönnst Du Dir?
– Achtest Du auf Deine innere Haltung, Deine Gedanken? Kennst Du Deine Glaubenssätze?
– Nimmst Du Dir regelmäßig Zeit zur Selbstreflexion?
– Wie ist Deine Einstellung zu Arbeit und Deine Arbeitsweise?
– Über- (oder unter-) forderst Du Dich?
– Weißt Du, was Dich stresst und wie Du darauf reagierst?
– Achtest Du auf Deine innere Haltung, Deine Gedanken?
– Erlaubst Du Dir Mini-Auszeiten, Pausen zum Durch-und Aufatmen?
– Weißt Du, wie Du Dich am besten entspannen kannst?
– Kennst Du Deine Ressourcen und Kraftquellen?
– Wie viel Freiraum hast Du ganz für Dich und was fängst Du dann mit Dir an?
– Probierst Du immer wieder einmal etwas Neues aus?
– Wie steht es um die Pflege Deiner sozialen Kontakte? Wie verbringst Du die gemeinsame Zeit mit Dir lieben Menschen?
– Kannst Du um Unterstützung bitten?
– Kannst Du Dich abgrenzen und Nein sagen?
– Bist Du dankbar für das was Du hast, für die Geschenke des Lebens?
– Wie beendest Du Deinen Tag?
– Wie gut, wie entspannt ist Dein Schlaf?
Die entscheidende Hauptfrage dabei ist jeweils: Wie fühlt es sich an?
In einem nächsten Schritt reflektiere: Wie möchtest Du Dich mit Dir in Deinem Leben fühlen? Was bedeutet für Dich Selbstfürsorge? Warum ist es für Dich, für Dein körperliches und psychisches Wohlbefinden notwendig? Was kannst Du konkret verändern, tun oder lassen, um mehr Selbstfürsorge in Deinen Alltag zu integrieren – Schritt für Schritt ? Was hindert Dich noch daran? Was motiviert Dich dazu, dauerhaft gut für Dich zu sorgen?
Frage Dich: Lebst Du im Einklang mit Deinen Werten und gibst Du dem, was Dir wichtig ist, genügend Raum? Was und wie häufig tust Du es bewusst und voller Freude und zwar ohne, dass Du es Dir zuerst verdienen musstest – einfach weil es sich richtig gut anfühlt?
„Ohne Fleiß kein Preis.“ „Wer rastet der rostet.“ „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Viele von uns sind mit diesen Sprichwörtern aufgewachsen. Als Erwachsene können wir uns entscheiden, nicht länger unhinterfragt danach zu leben!
Ich zähle zur Generation, in der es Anerkennung, „Liebe“ für Leistung gab. Ich bin es gewohnt, selbständig zu arbeiten, finde mir immer etwas zu tun – Langeweile ist quasi ein Fremdwort, Erschöpfung eine vertraute Bekannte.
Neben dem "Weltverbessern" habe ich mich viele Jahre der Selbstoptimierung gewidmet, bis ich mich gefragt habe, ob ich mich selbst denn nur wertschätzen kann, wenn ich eine hervorragende Leistung erbringe und einen Mehrwert für diese Welt erschaffe. Traurig hat mich diese Erkenntnis gemacht, so viel Lebenszeit mit so wenig Wohlwollen, manche nennen es Selbstliebe, verbracht zu haben. Es hat aber auch den Entschluss geschärft, dies zu verändern, mit einem klaren Bekenntnis dazu, dass ich mein Leben heute genießen darf.
Erfahre mehr in meinem Blog über Selbstakzeptanz, Freiheit und Verantwortung: Dein Leben leben.
Im ersten Lockdown litt ich noch unter vielen Dingen, die ich als ärgerlich oder unsinnig empfand und die für mich nicht nachvollziehbar waren – die ich also anders haben wollte, aber nicht beeinflussen konnte. Gearbeitet habe ich trotz Unterrichtsverbot keine Sekunde weniger. Im zweiten Lockdown habe ich mich in der Kunst der Unterscheidung geübt und der Akzeptanz dessen, was ist. Wie nötig ich das habe, ist mir im Zuge der Ärgernisse rund um die Eröffnung meines neuen Yoga-Studios bewusst geworden. Meinen Medienkonsum, insbesondere auch Social Media, habe ich wieder drastisch eingeschränkt. Dafür habe ich mir bewusste Auszeiten erlaubt.
So bin ich ganz gut durch die letzten Monate gekommen, etwa was eine freundliche Wahrnehmung meiner Körperempfindungen, unguten Gedanken und Gefühle wie Zorn, Traurigkeit oder Zukunftsängste sowie den Mangel an echten Kontakten betrifft.
Völlig frei von Unzufriedenheit, Sorgen und Leid war ich dennoch nicht. Auch ich habe so Tage, wo ich mich schon beim Aufwachen nicht wohl in meiner Haut und ungeliebt fühle. Da hilft es auch nicht, dass ich meine „hormonellen Befindlichkeiten“ kenne. Grundsätzlich erfahre ich das Wissen, Techniken an der Hand zu haben, um meinen Gemütszustand zu wandeln, als befreiende Selbstwirksamkeit; hin und wieder empfinde ich dies jedoch nicht als Ermächtigung, sondern als Belastung. Trotzig will ich dann nicht auf die Yogamatte und wie gewohnt Verantwortung für mein Leben übernehmen. Das Kind in mir sehnt sich einfach nur danach, liebevoll und mit einem tröstlichen „alles ist gut“ in den Arm genommen zu werden. Wenn dann aber gerade keiner da ist und telefonieren keine Option ist, kullern schon mal zornig-traurige Tränen. Früher folgte großes Drama.
Heute kann ich mich innerhalb kurzer Zeit selbst liebevoll in den Arm nehmen, probiere es zunächst mit einer Genussdusche und einem gutem Frühstück. Bleibt inhaltliches Arbeiten dann allerdings unfruchtbar und fühle ich mich einfach zu erschöpft für meine geliebte Bewegung in der Natur, dann gibt es nur noch eins zu tun: nämlich Nichtstun*! Ich setze mich vorzugsweise in die Sonne, lausche dem Vogelgezwitscher, schaue auch gerne aufs Wasser und erlaube mir dann, mit all (!) meinen Körperempfindungen, Gefühlen und Gedanken zu sein – wertfrei, zweckfrei, wohlwollend.
Und siehe da, nach einiger Zeit beginne ich mich „leichter“ zu fühlen, Lebensfreude, Kraft und Klarheit stellen sich langsam, aber sicher, wieder ein. Die Akzeptanz schafft tatsächlich die Basis für Transformation.
* Nach innen Lauschen und mit dem Leben verbinden ist gewissermaßen ein süßes Tun im Nichtstun.
Wann hast Du das letzte Mal inne gehalten und einfach nichts getan – und zwar ohne, dass Du Dich dabei schuldig oder faul gefühlt hast?
Damit es mir gelingen mag, mehr wohltuende Momente des Nichtstun in mein Leben zu integrieren, hat mir das Leben wohl noch eine weitere Lektion oder lieber Erfahrung geschenkt. Vor zwei Wochen habe ich mir einen Muskelfaserriss zugezogen – nein, nicht bei einer akrobatischen Asana. Nachdem ich zuvor lange am kalten Boden gesessen bin, habe ich mich zu schwungvoll mit einem Bein in den stehenden Spagat nach einem Kissen gebückt, dabei denke ich mir noch, uihhh, das schwingt aber heute hoch hinaus. Schon vernehme ich ein grässlich knackendes Geräusch und einen stechenden Schmerz – und ich weiß, da ist was kaputt gegangen; folgenreich mit vier bis 6 Wochen Schonung.
Was hätte ich mich in der Vergangenheit über mein Missgeschick, meine Unachtsamkeit geärgert. Aber, helfen Selbstvorwürfe im Schmerz? Natürlich nicht, also frage ich mich lieber, wozu es gut für mich sein kann? Abgesehen vom erzwungenen Nichtstun nehme ich dies als Anlass, endlich ein Jahrzehnte altes, ungesundes Muster zu wandeln: Ich sitze oft stundenlang, ohne Pause am Schreibtisch, um zu recherchieren, zu lesen und zu schreiben. Vollkommen vertieft in der Sache vergesse ich die Zeit – bis sich der Hunger oder mein unterer Rücken bzw. Nackenverspannungen melden. Mein Yogatherapielehrer pflegt zu sagen:
„Wer länger sitzt, ist früher tot.“
Möge es mir gelingen, wenn ich künftig wieder schmerzfrei sitzen kann, die gesunde Pause wertzuschätzen und weiter einzuhalten: aufstehen, den Körper rekeln und strecken, für kurze Atem- oder Augenübungen nutzen oder eben auch ein paar Minuten Nichtstun.
Gelebter Yoga, also über die formelle Praxis auf der Matte hinaus, ist umfassende Selbstfürsorge und noch mehr: Die eigenen Bedürfnisse, Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und Potentiale wahrzunehmen (und zwar nicht erst, wenn es eine Ärztin braucht), freundlich anzunehmen, und Dich immer wieder auf ein gutes Gefühl mit Dir selbst und mit Deinem Umfeld, dem Leben auszurichten; gepaart mit einer achtsamen und akzeptierenden inneren Haltung voller Vertrauen in die eigenen Ressourcen und mit zunehmender Erfahrung generell in das Leben. So schaffst Du Schritt für Schritt eine immer stabilere Basis, nicht nur um mit Stress und den Herausforderungen des Lebens besser umgehen zu können, sondern auch, um Dich gegenüber Deiner Mitwelt wohlwollend öffnen zu können.
Gerne unterstütze ich Dich dabei!